Pflegeversicherung

Für viele Arbeitnehmer ist die Pflegeversicherung ein Selbstläufer. Wer in Deutschland gesetzlich krankenversichert und bei einem Arbeitgeber angestellt ist, ist automatisch auch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Das ist aber nicht für alle Menschen der Fall.

Was ist die Pflegeversicherung?

Die Pflegeversicherung wird von den Pflegekassen angeboten, die bei den Krankenkassen angesiedelt sind. Sie ist eine Versicherung, die pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen finanzielle Unterstützung bietet, um Hilfeleistungen in Anspruch nehmen zu können. Finanziert wird sie durch Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die in der Regel paritätisch gezahlt werden. In Deutschland besteht sowohl für gesetzlich als auch für privat Versicherte eine allgemeine Versicherungspflicht.

Pflegegrade

Der Pflegegrad einer Person gibt an, wie stark sie in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt ist, d.h. wie viel Hilfe sie benötigt. Insgesamt wird zwischen den Pflegegraden 1 bis 5 unterschieden, wobei 1 der niedrigste und 5 der höchste Pflegegrad ist. Die Einstufung in die Pflegegrade erfolgt nach klaren Vorgaben. Dazu werden Punkte auf einer Skala von 0 bis 100 vergeben.

Kriterien der Einordnung in die Pflegegrade

Die Einordnung der verschiedenen Pflegegrade erfolgt nach folgenden 6 festgelegten Kriterien:

  1. Mobilität: Hier geht es darum, wie gut die pflegebedürftige Person in der Lage ist, sich zu bewegen. Dazu gehören z.B. Aktivitäten wie Aufstehen, Zubettgehen, Gehen, Treppensteigen und Verlassen der Wohnung.
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Dieses Modul prüft die geistige Flexibilität und die Orientierungsfähigkeit der Person. Bewertet werden unter anderem das Erkennen von Personen, die räumliche und zeitliche Orientierung, das Erinnerungsvermögen sowie die Kommunikationsfähigkeit.
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Dieses Kriterium bezieht sich auf psychische Probleme und Verhaltensauffälligkeiten wie nächtliche Unruhe, selbstschädigendes oder aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen.
  4. Selbstversorgung: In diesem Modul wird die Fähigkeit zur Selbstversorgung beurteilt. Dazu gehören alltägliche Routinen wie Körperpflege, An- und Auskleiden, Essen und Trinken.
  5. Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: Die Bewertung konzentriert sich darauf, wie selbstständig die Person mit ihrer medizinischen Situation umgehen kann, einschließlich der Einnahme von Medikamenten, der Wundversorgung oder anderen therapeutischen Maßnahmen.
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Dieses Modul befasst sich damit, inwieweit die pflegebedürftige Person in der Lage ist, ihren Tagesablauf zu gestalten und soziale Kontakte zu pflegen.

Antragstellung

Wer Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen möchte, muss einen entsprechenden Pflegegrad nachweisen. Um einen Pflegegrad zu erhalten, muss ein formloser Pflegeantrag bei der eigenen Pflegekasse gestellt werden. Daraufhin wird ein Pflegegutachten erstellt, um den zutreffenden Pflegegrad zu ermitteln. Liegt dieses vor, erhält der Pflegebedürftige von der Pflegekasse einen Bescheid über den Pflegegrad.

Begutachtung

Für die Erstellung des Pflegegutachtens besucht der Gutachter den Antragsteller zu Hause oder im Pflegeheim, um sich ein genaues Bild von der Situation zu machen. In besonderen Situationen, insbesondere bei Eilanträgen, ist auch eine Begutachtung per Telefon oder Videotelefonie möglich. Das erstellte Gutachten wird an die Pflegekasse geschickt, die einen Pflegebescheid über die vorgeschlagene Einstufung in den entsprechenden Pflegegrad ausstellt. Die Entscheidung über den Pflegegrad trifft letztlich die Pflegekasse und nicht der Gutachter.

Leistungen

Die Leistungen der Pflegekassen wurden zum 01.01.2024 erhöht. Die folgende Tabelle fasst die ab diesem Zeitpunkt geltenden Leistungen zusammen.

*Digitale Pflegeanwendungen

Pflegeberatung

Versicherte mit Anspruch auf Pflegeleistungen haben Anspruch auf Pflegeberatung durch ihre Pflegekasse oder das zuständige private Versicherungsunternehmen. Dies gilt auch, wenn ein Hilfe- und Beratungsbedarf erkennbar ist oder eine Begutachtung der Pflegebedürftigkeit ansteht. Auch pflegende Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen haben mit Zustimmung des Pflegebedürftigen Anspruch auf Beratung. Die Pflegeberatung ist freiwillig und soll den individuellen Hilfebedarf klären, über Leistungen informieren und Unterstützung vermitteln. Beratungstermine werden innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung angeboten oder durch Beratungsgutscheine ermöglicht. Die Pflegeberatung kann auch zu Hause und digital erfolgen. In den Pflegestützpunkten erhalten Betroffene Beratung und Hilfe durch verschiedene Fachkräfte aus dem medizinischen, pflegerischen und sozialen Bereich.

Unterstützung für Pflegende

Die Pflege eines pflegebedürftigen Menschen kann für die pflegende Person eine große Herausforderung darstellen und zu physischen und psychischen Belastungen führen. Nicht immer können Angehörige trotz Unterstützung durch die Pflegekasse die häusliche Pflege oder die Unterbringung in einem Pflegeheim sicherstellen. Deshalb werden Pflegebedürftige in manchen Fällen auch von Angehörigen gepflegt. Für sie ist es wichtig, auf sich selbst und die eigene Gesundheit zu achten. Um sie dabei zu unterstützen bzw. zu entlasten, gibt es Angebote der Pflegeversicherung.

Der Entlastungsbetrag in Höhe von 125 € steht der pflegenden Person monatlich zur Verfügung. Damit können Leistungen zur Entlastung der Pflegeperson sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags bezahlt werden.
Der Entlastungsbetrag wird zusätzlich zu anderen Leistungen gezahlt und kann in die Folgemonate übertragen werden. Am Ende des Kalenderjahres noch nicht ausgezahlte Beträge können in der ersten Hälfte des folgenden Jahres in Anspruch genommen werden.

Darüber hinaus können Leistungen der Verhinderungspflege oder der Tages- und Nachtpflege in Anspruch genommen werden und zur Entlastung der pflegenden Person beitragen. Auch Kombinationsleistungen sind möglich.

Beiträge

Die Beiträge zur Pflegeversicherung werden wie die Beiträge zur Krankenversicherung je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer getragen. Der allgemeine Beitragssatz liegt bei 3,4%. Davon trägt der Arbeitnehmer 1,7 % und der Arbeitgeber 1,7 % – außer in Sachsen, wo der Arbeitgeber nur 1,2 % und der Arbeitnehmer 2,2 % zu tragen hat. Abhängig vom eigenen Alter und dem der eigenen Kinder gibt es Zu- und Abschläge, die in der folgenden Tabelle aufgeführt sind.

*Anteile in Sachsen

private Pflegeversicherung

Die private Pflegeversicherung ist grundsätzlich nur für Personen relevant, die auch privat krankenversichert sind. Gesetzlich Krankenversicherte sind automatisch bei der Pflegekasse des gleichen Anbieters versichert.
Wie bei der privaten Krankenversicherung gibt es auch bei der privaten Pflegeversicherung deutlich weniger Regelungen als bei der gesetzlichen. Es ist daher immer im Einzelfall zu prüfen, ob die jeweilige Pflegeversicherung geeignet ist.

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von privaten Pflegeversicherungen. Zum einen gibt es die Pflegetagegeldversicherung: Sie zahlt bei Pflegebedürftigkeit ein vereinbartes Tagegeld, dessen Höhe unabhängig von den tatsächlich entstandenen Kosten ist.
Zum anderen gibt es die Pflegekostenversicherung: Sie erstattet die tatsächlich entstandenen Pflegekosten bis zu einem vereinbarten Höchstbetrag. Neben der Art der Versicherung sind weitere Aspekte zu beachten:

  • Wartezeiten: Viele private Pflegeversicherungen haben Wartezeiten, die erfüllt sein müssen, bevor Leistungen in Anspruch genommen werden können. Diese sind je nach Anbieter unterschiedlich.
  • Gesundheitsprüfung: Beim Abschluss einer privaten Pflegeversicherung ist häufig eine Gesundheitsprüfung erforderlich. Vorerkrankungen können zu Leistungsausschlüssen oder höheren Beiträgen führen.
  • Leistungsausschlüsse: Bestimmte Zustände oder Krankheiten können von der Versicherung ausgeschlossen sein. Es ist wichtig, die Vertragsbedingungen genau zu lesen.
  • Dynamisierung der Leistungen: Einige Tarife sehen eine automatische Anpassung der Leistungen an die Inflation oder an steigende Kosten vor, um die Kaufkraft der Versicherungsleistung zu erhalten.
  • Beitragsgestaltung: Die Höhe der Beiträge kann sich nach dem Eintrittsalter, dem Gesundheitszustand und dem gewählten Leistungsumfang richten. In der Regel sind die Beiträge umso höher, je später die Versicherung abgeschlossen wird.
  • Laufzeit und Kündigungsrecht: Auch die Vertragsbedingungen bezüglich Laufzeit und Kündigungsrecht sollten vor Abschluss genau geprüft werden.
  • Steuervorteile: Beiträge zu einer privaten Pflegeversicherung können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend gemacht werden.
  • Unabhängige Beratung: Aufgrund der Komplexität und Bedeutung einer privaten Pflegeversicherung ist es ratsam, sich unabhängig beraten zu lassen. Ein Vergleich verschiedener Angebote kann dabei hilfreich sein.